Zwischen den beiden neuheidnischen Erntedankfesten Lughnasadh und Mabon ist ein ganz wunderbarer Zeitpunkt um über Wachstum, Ernte und Dankbarkeit zu sprechen.

Alles ist vergänglich und in den ewigen Kreislauf von Werden, Vergehen und Wiedergeburt verflochten. Vieles lassen wir los im Laufe unseres Lebens, doch ebenso viel sähen wir in der Zeit, die uns gegeben ist. In unserer schnellebigen Welt, nehmen wir uns oft keine Zeit mehr innezuhalten und achtsam zu werden um sich dessen bewusst zu sein.  Das ist in der Naturspiritualität etwas anders, denn in diese Leben wir mit dem Jahreskreislauf und in diesen Kreislauf sind bestimmte Themen eingeflochten, die symbolisch zur jeweiligen Zeitqualität passen.

Während des Hochsommers bis tief hinein in den Herbst wird diese Zeitqualität unter anderen stark vom Thema Dankbarkeit geprägt. Alles im Leben fordert seinen Ausgleich, nichts wird einfach von der Natur genommen, sondern wir bitten darum und bedanken uns für ihre Gaben. Diesen Dank ausdrücken, können wir auf unterschiedlichste Weise. Zum Beispiel durch eine Opfergabe, mit der wir den Geistern und Göttern der Natur unsere Erkenntnis zeigen. Oder aber indem wir die Speisen, die uns geschenkt werden, miteiander an einem Tisch teilen und eben in wörtlichem Sinne gemeinsam feiern.
 

Das Blót oder Ahnenblót 

Blót ist das altnordische Wort für "Opfern" und bezieht sich auf die Handlung, mit der bei den "waltenden Mächten" um Segen und Kraft gebeten wird. Ich persönlich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und das Blót auch auf Handlungen, die mit Dank für den Segen einhergehen, erweitern - doch dies ist meine persönliche Handhabung. Woher das Wort Blót ursprünglich stammt, ist nicht geklärt. Man vermutete, dass es auf das protogermanische blōtaną zurückgeht, was soviel bedeutet wie "opfern oder verehren". Allerdings wird es auch mit dem urgermanischen blōaną (blasen, blühen), sowie dem Wort blōmô (blühen) in Verbindung gebracht. heute finden wir noch Worte wie das englische "bless" oder auch "blood" , also Segen und Blut, welche derselben Wortwurzel entstammen.

Wenn ich hier vom Blót als Opfer spreche, dann sollte man sich allerdings keine Handlung à la Hollywood vorstellen, bei der auf grausame Weise Mensch oder Tier geopfert wird. Ein Opfer kann vieles sein, oft werden Speisen und Getranke geopfert, oder aber auch Selbstgemachtes. Übrigens was ein zu häufiges Opfern schon bei unseren Ahnen verpönt, denn es galt als Überopfern und somit als unangemessen. Auch hier sieht man sehr schön, wie wichtig der Ausgleich ist, in alle Richtungen.

Gemeinsames Speisen

Zu Erntedank ist auf der anderen Seite natürlich auch das gemeinsame Geniessen der Ernte ein Thema. Vielerorts war und ist es noch immer Brauch grosse Feste abzuhalten, bei denen Brot aus dem frischen Korn, oder etwas später auch Früchte, oder gar der Wein an den Winzerfesten verzehrt wird. Etwas später, zu Samhain im November, dem Ahnenfest und dritten Erntedankfest, werden die Ahnengeister auch gerne mit an den Tisch gebeten. Bezeichnet als Stilles Mahl wird dabei ein Teller mehr als üblich aufgedeckt, auf dem ein wenig Trank und Speis geopfert wird, welche dann eben den Ahnen zum Dank für ihren Segen und ihre Unterweisung gegeben wird.


Den Lohn ernten

Die Ernte zu feiern kann letztendlich jedoch auch im übertragenen Sinne verstanden werden. Zur Erntedankzeit dürfen wir unseren Mut feiern und all das, was mit ihm wachsen darf. Jetzt ist die Zeit in der wir unseren Lohn dafür ernten dürfen. Immer im Wissen, dass nichts selbstverständlich ist und dass wir reich beschenkt werden. Auf bescheidene Weise holen wir uns unseren Segen ins Bewusstsein. Was haben wir zu Beginn des Jahres, oder gar noch davor gesät, was wir jetzt endlich ernten dürfen? Was haben wir uns mit viel Herzblut erchaffen? Welche Träume durften wir uns endlich erfüllen?

Es gibt viele Wege und Möglichkeiten uns als Dankbar zu erweisen. In unserer schnelllebigen, oft immer mehr fordernden Gesellschaft ist es wertvoll sich die Zeit zu nehmen und bewusst zu machen, dass nichts im Leben selbstverständlich ist. Es ist wertvoll unseren Segen achtsam zu erfahren und darauf zu achten, dass die Balance zwischen Werden und Vergehen nicht aus den Fugen gerät.

Am Ende bin ich auch ganz einfach dankbar mit dir meine Gedanken und Erfahrungen teilen zu dürfen. Ich wünsche dir eine gesegnete Erntedank-Zeit.